Restrukturierungprozesse sind, insbesondere in großen Unternehmen, komplexe Vorhaben.
Dabei kann es sich um eine Reorganisation, eine organisatorische Neuausrichtung oder um tiefgreifende operative Veränderungen handeln. Von den geplanten Maßnahmen, wie zum Beispiel Personalabbau, Standortschließung, Verlagerung der Produktion ins Ausland sind intern und extern unterschiedliche Anspruchsgruppen (Stakeholder) betroffen. Deswegen ist die Stakeholder-Analyse zu Beginn entscheidend. Die wesentliche Frage lautet „Welche internen und externen Gruppen sind von der Restrukturierung in welchem Umfang betroffen und welche Interessen verfolgen sie?“
Jede Stakeholdergruppe hat im Restrukturierungsprozess eigene Interessen und Erwartungen, die nicht notwendigerweise deckungsgleich sind mit den Zielen der Restrukturierung. Dabei kann es divergierende Interessen innerhalb einer Stakeholdergruppe geben.Daher sind Restrukturierungen häufig geprägt von öffentlich ausgetragenen Interessenkonflikten, die die Umsetzung der geplanten Maßnahmen und damit den Erfolg der Restrukturierung gefährden können. Durch die sorgfältige Identifizierung, Analyse und Einbindung aller relevanten Stakeholder können Risiken antizipiert werden.
Der Erfolg einer Restrukturierung hängt davon ab, ob es gelingt, den Stakeholdern
- die Gründe für die Restrukturierung verständlich zu erklären (reason why),
- ein überzeugendes Zielbild für das Unternehmen aufzuzeigen und
- die Zustimmung für den weiteren Weg zu sichern.
Eine überzeugende Storyline bildet die kommunikative Klammer und gibt Orientierung für alle Stakeholder über den gemeinsamen Prozess hinweg.
Folgende Stakeholder sind bei der Kommunikation der Restrukturierung zu berücksichtigen:
Interne Stakeholder
Belegschaft: Restrukturierungen mit Stellenabbau, organisatorischen Veränderungen oder Standortschließungen können in der Belegschaft zu Unsicherheit, Widerstand und Unzufriedenheit führen. „Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten? Wohin entwickelt sich das Unternehmen?“ sind Fragen, die die Belegschaft bewegen. Ziel der begleitenden Kommunikation ist es daher, strategische Entscheidungen des Unternehmens zu erklären und das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und zu erhalten. Vertrauen entsteht durch transparente Kommunikation und Orientierung. Zentrales Ziel ist es zu erklären, warum welche Aufgaben erfüllt werden müssen und eine Antwort auf die Frage „Warum machen wir das?“ zu geben.
Führungskräfte: Innerhalb der Stakeholdergruppe „Belegschaft“ ist es sinnvoll, weiter zu differenzieren und die Führungskräfte als eigene Stakeholdergruppe zu adressieren. Führungskräften kommt in der Transformation eine entscheidende Rolle zu. Sie müssen befähigt werden, die Restrukturierung zu erklären, Fragen der Belegschaft zu beantworten und Widersprüche aufzuklären („Warum wird der Standort geschlossen, wenn der Kunde weiter das Produkt nachfragt?).
Betriebsrat: Stellenabbau, organisatorische Veränderungen oder Standortschließungen – all das betrifft die Belegschaft oft hart. An dieser Stelle kommt in Deutschland die Mitbestimmung mit Betriebsräten und Gewerkschaften ins Spiel. Auch wenn die Interessen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern unterschiedlich sind, kann es sinnvoll sein, die Meilensteine in der Kommunikation der Restrukturierung abzustimmen. Häufig ist es in den Unternehmen Praxis, dass Arbeitgeber und Betriebsrat in Restrukturierungsprozessen über den Stand der Dinge getrennt kommunizieren. Nicht selten führt dies zu einer kommunikativen Abwärtsspirale, die sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Belegschaft erfahrungsgemäß zu Unverständnis führt. Eine abgestimmte Kommunikation hingegen schafft Vertrauen.
Zunächst ist es sinnvoll, das Thema Kommunikation von Beginn an bei Verhandlungsterminen auf die Agenda zu setzen. So können am Ende jeder Verhandlungsrunde beide Parteien – Management und Betriebsrat – besprechen, ob und wie die Belegschaft über den Stand der Dinge informiert werden soll. Selbst wenn sich die Verhandlungspartnerinnen und -partner nicht immer einig werden, hat die Abstimmung dennoch Vorteile.
Die Kenntnis über das Timing der anderen Seite vereinfacht die Planung der Kommunikation. Davon profitiert auch die Belegschaft. Eine koordinierte Kommunikation ist besser als eine ungeplante „Newsletter-Schlacht“, die bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Eindruck erweckt, dass es in der Sache nicht vorangeht. Dies ist elementarer Bestandteil von Verhandlungen.
Auch wenn die Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat hitzig verlaufen, sollte die anschließende Kommunikation des Arbeitgebers an die Belegschaft sachlich bleiben und sich an den Fakten und guten Argumenten orientieren. Dies wird erfahrungsgemäß von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern honoriert. Zudem hilft dies, eine Eskalation der Kommunikation mit der Mitbestimmung zu vermeiden.
Kommt es zu einer Einigung beider Parteien, ist die gemeinsame Kommunikation der Königsweg. Voraussetzung hierfür ist, dass beide Seiten gleichermaßen Raum erhalten für die Darstellung ihrer jeweiligen Errungenschaften. Dies ist nur möglich, wenn zuvor das entsprechende Vertrauen aufgebaut wurde.
Externe Stakeholder
Medien: Die Berichterstattung in den Medien beeinflusst, wie die Restrukturierung wahrgenommen wird. Ziehen alle an einem Strang zum Wohle des Unternehmens oder werden interne Konflikte über die Medien nach außen getragen? In Restrukturierungen bewähren sich gute Kontakte zu lokalen und überregionalen Medien sowie zu den Fachmedien. Sollten diese noch nicht vorhanden sein, ist jetzt der Zeitpunkt diese Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Es geht darum, den Journalisten die Gründe für die Restrukturierung schlüssig zu erklären, die Ziele und Maßnahmen transparent darzustellen und sich kritischen Fragen zu stellen.
Politik: Restrukturierungen mit Standortschließungen und -verlagerungen sind für die Lokalpolitik (zum Beispiel für Bürgermeister oder Landräte) bedeutsam, wenn es beispielsweise um Arbeitsplatzabbau, wegbrechende Einnahmen aus Gewerbesteuern oder die Nachnutzung von Immobilien geht. Je nach Umfang der Restrukturierung sollten zusätzlich Politiker auf Landes- und Bundesebene adressiert werden. Es empfiehlt sich, die (lokale) Politik frühzeitig über die Pläne des Unternehmens zu informieren und über den gesamten Zeitraum hinweg auf dem Laufenden zu halten. Bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen und der Weiterverwendung von Immobilien kann die lokale Politik konstruktiv unterschützen. Ein gutes Verhältnis ist daher erstrebenswert.
Kunden und Lieferanten sind eine Stakeholdergruppe, die oftmals nicht bedacht wird. Kunden und Lieferanten erwarten Kontinuität in der Qualität und im Service auch in Phasen der Restrukturierung. Ziel ist es, das Vertrauen in die Stabilität und die Abläufe des Unternehmens zu erhalten und Verunsicherungen entgegenzuwirken. Hilfreich ist es, für Kunden und Lieferanten einen eigenen Ansprechpartner zu benennen, der über den gesamten Zeitraum für Fragen zur Verfügung steht.
Anteilseigner: Die Eigentümer des Unternehmens sind daran interessiert, dass die Maßnahmen der Restrukturierung effizient umgesetzt werden zum Fortbestand und zur Wertsteigerung ihres Unternehmens. In der Phase der Restrukturierung gilt es, diese Stakeholdergruppe regelmäßig über den Fortschritt bei der Umsetzung der Maßnahmen zu informieren.
Fazit
Das Gelingen einer Restrukturierung hängt wesentlich davon ab, ob die relevanten Stakeholder-Gruppen erkannt, angesprochen, bzw. eingebunden worden sind. Eine klare Kommunikationsstrategie, die auf Transparenz und Kontinuität setzt, ist dabei von zentraler Bedeutung. Ein erfolgreiches Stakeholder-Management bildet die Basis für eine langfristige Bindung an das Unternehmen und sichert den Erhalt der Reputation.
Quellen:
*Deloitte Restructuring Report 2023/2024 | Deloitte Deutschland | Pressemitteilung
Der Artikel erschien in der dritten Ausgabe 2024 des Kommunikationsmanager, das Magazin für Entscheider in Kommunikation und Marketing