27.11.2019 / Artikel

Aktuelle Herausforderungen der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung

SKM-Geschäftsführer Christian Koof hat auf der Euroforum Jahrestagung „Chemie- und Industrieparks“ in Frankfurt neue Konzepte der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung bei Genehmigungsverfahren vorgestellt. Aus diesem Anlass hat er zudem folgenden Gastbeitrag veröffentlicht. 

Das Jahr 2015 stellte mit der Veröffentlichung der „Richtlinie VDI 7000“ eine Zeitenwende für die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrieprojekten dar. Unternehmen wurde erstmals eine praktische Hilfestellung anhand einer strukturierten Prozessempfehlung an die Hand gegeben, um Projektmanagern den Umgang mit kritischen Stakeholdern zu ermöglichen. Damit wurde ein drittes Feld des Projektmanagements eröffnet, das zuvor häufig erst bei Bedarf, also reaktiv und in der Folge zu spät bearbeitet wurde. Neben der Finanzierbarkeit (intern) und Genehmigungsfähigkeit (regulatorisch) rückte eine dritte Zielsetzung in den Mittelpunkt der Projektplanung: die öffentliche Akzeptanz (extern). Mittlerweile hat diese Richtlinie auch Eingang in den Kanon öffentlicher Verwaltungsvorschriften gefunden. 

Haltung zeigen

Sind damit alle Voraussetzungen für eine reibungslose Beteiligung der Öffentlichkeit geschaffen? Nicht ganz. Denn Richtlinien und Vorschriften sind nur eine Seite der Medaille. Sie mit Leben zu füllen, eine andere. Unternehmen, die die Akzeptanz für Industrie-Projekte fördern möchten, brauchen nicht allein Prozessschritte, Dialogformate und Repräsentanten für den Umgang mit (kritischer) Öffentlichkeit, sie brauchen auch eine Haltung. Diese lässt sich in Papieren nur schlecht abbilden und kann auch durch noch so glänzende Broschüren und ausführliche PowerPoint-Präsentationen nicht überzeugend dargestellt werden. Haltung drückt sich aus im Diskurs: im persönlichen Gespräch und Telefonaten Pressemitteilungen, Tweets und Kommentaren.

Frei nach Erich Kästner könnte die Regel angemessenen Stakeholder Engagements bei der frühen Öffentlichkeitsarbeit also lauten: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Fragt sich nur, wie man es tut. Allzu häufig nämlich ist der Diskurs mit NGOs, Bürgern oder auch Medien auf Seiten von Vorhabenträgern geprägt von der Vorstellung: „Die haben es einfach noch nicht verstanden. Wir müssen es noch besser erklären.“ Im Ergebnis ist der Beteiligungsprozess dann häufig ein Vortrag, im schlimmsten Falle ein Vorwurf.

Freundlichkeit und Verständnis

Der Diskurs aber kann kein Monolog, sondern muss ein Dialog sein, noch dazu einen öffentlicher –also transparenter –, in dem der Vorhabenträger erst einmal mehr zuhört als vorträgt; in dem auch inakzeptable Positionen zunächst schlicht zur Kenntnis genommen und nicht gleich zurückgewiesen werden. Notwendig ist eine Haltung, die auch auf einen Mangel an Kompromissbereitschaft, auf die öffentlich zur Schau gestellte Totalverweigerung mit Freundlichkeit und Verständnis reagiert. Merke: Wenn der Protest gegen ein Vorhaben unangemessen formuliert oder auch sachlich falsch begründet wird, kann er dennoch verständlich sein. 
Dies zu akzeptieren und im Umgang mit Stakeholdern auch zu formulieren, fällt vielen Unternehmen immer noch schwer. Zahllose Bürgerversammlungen (und auch Reaktionen in Social Media) können hier als Beispiel herhalten. Dieses auf Seiten einiger Projektmanager vorherrschende Defizit ist nachvollziehbar, es ist menschlich, aber dennoch nicht richtig. Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung braucht nicht nur Regeln, die dem Dialog Ordnung, sie braucht auch Manager, die ihr ein menschliches Gesicht geben. 

Wie lassen sich Stakeholder frühzeitig einbeziehen?

Wir beraten zum Dialog mit Anspruchsgruppen.