020.02.2025 / SKM diskursiv

Identität bewahren trotz Narrativ-Hopping im Wahlkampf

Nur noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl 2025. Im Vergleich zur letzten Wahl ist ein klarer Wandel in der politischen Debatte erkennbar. Damit verbunden auch ein Narrativwechsel. Klimaschutz, 2021 zentrales Wahlkampfthema, scheint verdrängt. Lange Zeit standen wirtschaftliches Wachstum und Standortpolitik im Mittelpunkt der BTW 2025. Doch die letzten Wochen haben gezeigt, wie schnell die Themen und damit Narrative wechseln können. Solche Wechsel haben auch Auswirkungen auf die Kommunikation von Unternehmen. Auf welche Positionen kann man sich langfristig stützen? Und wie bleibt man als unternehmerischer Akteur glaubwürdig in einem sich wandelnden Umfeld?

Kanzler für Klimaschutz. Mit diesem Slogan präsentierte sich Olaf Scholz 2021 auf den Wahlplakaten. Der Klimawandel galt als die zentrale Herausforderung der Zukunft. Deutschland und die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ wollen Vorreiter sein. Drei Jahre später ist davon nicht viel übrig. Die jüngsten Duelle der Kanzlerkandidatinnen und Kandidaten – vorwiegend von Olaf Scholz und Friedrich Merz – zeigen, was meine Kollegen Gregor Schreiber und Tim Schütz bereits analysierten: Der politische Diskurs hat sich verschoben – und damit auch die Inhalte. Zur Bundestagswahl 2025 dominieren andere Narrative. Und sie ändern sich stetig.

It’s the economy, stupid!

Vor einigen Wochen wurde noch die wirtschaftliche Lage als drängendste Herausforderung angesehen. Klimaschutz? Fehlanzeige. Die Energiekrise, geopolitische Unsicherheiten und der wachsende internationale Konkurrenzdruck rücken die Standortpolitik in den Mittelpunkt. Besonders die CDU/CSU profitierte hiervon und machte dieses Thema zum Zugpferd ihres Wahlkampfs. Doch vor wenigen Wochen gab es einen Wendepunkt – seither überlagern Debatten über Migration alle anderen Themen. Das Narrativ hat sich nochmals verschoben.  

Solche abrupten Wandlungen sind für Unternehmen nicht nur eine politische Randnotiz, sondern eine strategische Herausforderung. Ein Blick in die USA zeigt, wohin solche Entwicklungen führen können. Während der zweiten Amtszeit von Donald Trump passten viele Unternehmen ihre Strategien an die Rhetorik des politischen Meinungsführers an – Nachhaltigkeits- und Diversitätsprogramme wurden eingestellt. Und auch in Deutschland erleben wir eine veränderte Tonalität: Die Zeiten grüner Transformation als Kommunikationsthema scheinen – zumindest vorerst – vorbei. Der Fokus, beeinflusst von äußeren Einflüssen, wechselt schlagartig. Unternehmen müssen sich daher fragen: Wie positionieren wir uns in diesem dynamischen Umfeld? Welche Botschaften senden wir aus – und wie bleiben wir glaubwürdig?

Ein kommunikativer Spagat voller Herausforderungen

Für Unternehmen ist es essenziell, die eigene Kommunikation an die veränderten politischen Narrative anzupassen, ohne dabei die eigene Identität zu verlieren. Dies bedeutet, politische Entwicklungen aktiv zu beobachten und strategisch darauf zu reagieren, um im öffentlichen Diskurs relevant zu bleiben. Politische Entwicklungen sind nicht nur Diskursverschiebungen – sie enden in Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien, die den unternehmerischen Handlungsspielraum direkt beeinflussen.

Narrativwechsel im gesellschaftlichen Diskurs bergen jedoch Risiken für die Positionierung und Kommunikation von Unternehmen. Zum einen nach außen: Wer seine Botschaften zu abrupt ändert, verspielt Vertrauen. Zum anderen betrifft es die eigene Strategie: Auf welche Position kann man langfristig bauen, wenn alle paar Jahre oder Monate ein anderes Narrativ dominiert? Unternehmen und ihre Kommunikationsabteilungen stehen vor einem kommunikativen Spagat. Einerseits glaubwürdig in einem fluiden Umfeld zu kommunizieren, ohne ständig den Standpunkt zu wechseln, und andererseits neue Themen mit der eigenen Strategie in Einklang bringen.

Diskurs gestalten, eigene Themen setzen

Gelingt dieser Spagat, bietet sich Unternehmen die Chance, den Diskurs aktiv mitzugestalten – neben Aktivistinnen und Aktivisten, Journalistinnen und Journalisten oder den politischen Akteuren. Die eigenen Werte und Ziele können und müssen daher adressiert werden, auch wenn es zuweilen unbequem erscheint. Die unternehmerische Gegenstimme zu Populismus und Fake News wird oftmals unterschätzt – zu Unrecht. Wer sich daher frühzeitig mit dem Narrativwechsel im Diskurs auseinandersetzt und die eigene Kommunikationsstrategie anpasst, kann sich als gestaltende Kraft positionieren – anstatt lediglich reaktiv auf politische Entwicklungen zu reagieren und dabei womöglich die eigene Identität zu verlieren.

Sie benötigen Unterstützung bei der Anpassung Ihrer Unternehmensstrategie?

Sprechen Sie mich an.