Lobbyismus hat keinen guten Ruf. Oft wird er gleichgesetzt mit gekaufter Politik. Negativbeispiele gibt es genug. Jüngst sorgte Elon Musk mit seiner Tesla-Werbeshow vor dem Weißen Haus für Aufmerksamkeit – und Kritik. Denn wenn wirtschaftliche Interessen ohne Kontrolle Einfluss auf politische Entscheidungsträgerinnen und -träger nehmen, entstehen gefährliche Ungleichgewichte. Genau deshalb ist eine Debatte über Lobbyismus so wichtig. Nicht weil er grundsätzlich schlecht ist – sondern weil er mit Verantwortung einhergehen muss.
Politik braucht Austausch – aber ohne Ausschluss
Laut neuestem Bericht der Bundestagsverwaltung wurden 2024 rund eine Milliarde Euro für Lobbyarbeit auf Bundesebene ausgegeben, vorrangig für Wirtschaftsinteressen2. Außen vor bleiben bei diesen Zahlen Arbeitgeberorganisationen, Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften; sie werden nicht im Lobbyregister gelistet. Eine hohe Summe – doch was bedeutet sie?
In erster Linie, dass vorrangig Unternehmen und Verbände den Kontakt zur Politik suchen. Ist das verwerflich? Nein. Unternehmen sind genauso Teil unserer Gesellschaft wie zivilgesellschaftliche Organisationen. Sie alle repräsentieren Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen Anliegen. Und sie alle haben das Recht, ihre Sichtweisen einzubringen.
Problematisch wird es, wenn der Zugang zur Politik nicht mehr von Argumenten, sondern von Beziehungen und dem Geldbeutel abhängt. Dann wird Teilhabe zum Privileg. Gute Politik braucht vielfältige Stimmen: aus Wirtschaft, NGOs, Verbänden und sozialen Trägern.
Lobbyismus braucht Regeln und Werte
Die zentrale Frage ist nicht, ob – sondern wie Einfluss genommen wird. Denn Lobbyismus trägt zur pluralistischen Willensbildung bei und gehört zur Demokratie. Damit Interessenvertretung ihr Potenzial entfalten kann, braucht es klare Regeln – und eine gemeinsame Haltung. Es braucht Transparenz darüber, wer mit wem spricht – und warum. Hier wurde mit dem Lobbyregister ein erster Schritt unternommen. Darüber hinaus braucht es auch ethische Leitplanken, die für alle gelten. Es liegt in der Verantwortung aller, fair und transparent zu agieren.
Das gilt auch für politische Entscheidungsträgerinnen und -träger. Denn gute Politik hört allen zu, nicht nur denen mit dem größten Einfluss oder Budget. Tragfähige Entscheidungen bedürfen möglichst vieler Perspektiven. Dazu gehört auch, dass gewählte Vertreterinnen und Vertreter sich aktiv darum bemühen, diese Sichtweisen einzuholen.
Dabei ist keine Entscheidung frei von Subjektivität. Dennoch liegt es in der Verantwortung aller politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger Argumente anzuhören, abzuwägen und vor allem wissenschaftliche Fakten und Alltagsrealitäten nicht zu ignorieren. Lobbyismus kann genau diese vermitteln.
Brücken bauen statt Türen verschließen
Guter Lobbyismus ist faktenbasiert, anschlussfähig und ehrlich – und er hält sich an Regeln. Ebenso gehört der Blick über den Tellerrand dazu. Lobbyisten müssen sich bewusst sein, dass es noch andere Mitspielerinnen und -spieler gibt. Es gilt zu überzeugen, auf Augenhöhe zu argumentieren und nicht zu diskreditieren.
Hier hilft methodisches Vorgehen – mit Verständnis für Themen und politische Prozesse. Externe Beratung kann hier unterstützen: unvoreingenommen, als Brückenbauer zwischen gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Anliegen und politischen Prozessen. Mit dem richtigen Gespür für das jeweilige Anliegen, die aktuelle politische Stimmung und die richtige Strategie. Gerade kleineren Unternehmen oder Organisationen ohne Lobbystruktur fehlt es oftmals an Orientierung oder Ressourcen. Eine gute Interessensvertretung bedeutet dabei nicht Einfluss um jeden Preis. Sie beinhaltet Verantwortung und Haltung.
Fazit
Lobbyismus ist ein Werkzeug. Es kommt darauf an, wie es genutzt wird. Und welche Regeln gelten. In einer lebendigen Demokratie ist es notwendig, dass unterschiedliche Sichtweisen eingeholt werden. Von Unternehmen, sozialen Trägern oder auch Poptitanen wie Dieter Bohlen. Entscheidend ist, dass verschiedene Perspektiven gleichwertig eingebunden werden – auch von denen, die bisher oft übersehen wurden. Etwa aus queeren, migrantischen oder sozial benachteiligten Kontexten. Und dafür benötigt es eine vielfältige, offene und verantwortungsvolle Interessenvertretung, die Regeln und Werten folgt. Lobbyismus darf keine reine Frage von Budget oder Netzwerk sein – sondern von Relevanz, Qualität und Haltung.
Quellen:
1https://taz.de/Dieter-Bohlen-als-CDU-Berater/!6049730/
2https://www.tagesschau.de/inland/lobbyregister-bericht-100.html