Artikel / 08.09.2021

Bundestagswahlen 2021: Jetzt rechtzeitig auf den politischen Diskurs vorbereiten

In wenigen Wochen bestimmen die Wählerinnen und Wähler, wer Deutschland aus der Ära Merkel hinausführen wird. Entschieden ist zum Zeitpunkt der letzten Stimmauszählung dabei noch lange nicht, wie sich die parteipolitische Konstellation zusammensetzt. Mit welchen Visionen und in welchen Strukturen wird die Bundesrepublik in den kommenden Jahren regiert? Und welche Opposition wird der neuen Regierung gegenübersitzen? Dies zu beobachten, zu analysieren und daraus sinnvolle Anknüpfungspunkte für eigene Interessen zu finden, wird Aufgabe der Interessenvertretung von Unternehmen, Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen sein, die den zukünftigen politischen Diskurs mitgestalten wollen.

Die Public-Affairs-Arbeit hat zum Ziel, im Rahmen der demokratischen Entscheidungsprozesse Impulse für die politische Arbeit der Regierung und der Politik zu geben. Neben der Analyse von und Positionierung zu politischen Entwicklungen zeichnet sich eine gute PA-Arbeit vor allem dadurch aus, eigene Themen durch überzeugende Narrative auf die Agenda zu bringen.

Um einen konstruktiven Beitrag zum gesellschaftspolitischen Diskurs liefern zu können, ist es notwendig, die Grundlage für politische Entscheidungen zu kennen, Prozesse und Institutionen zu verstehen und die Rolle und Themenschwerpunkte der unterschiedlichen Akteure zu antizipieren. Die Bundestagswahl ist immer ein Neustart der Regierungsagenda und bietet daher für Unternehmen, Verbände und weitere Interessensgruppen die Chance, frühzeitig zu planen und sich zu positionieren.

Während die neuen und wiedergewählten Abgeordneten ihre Büros an der Spree beziehen und ihr Team zusammenstellen, werden die Koalitionsverhandlungen laufen und den Rahmen für die politische Arbeit der nächsten Jahre setzen. Denn der Koalitionsvertrag ist Basis für die Entscheidungen und Prozesse, die es nun zu beobachten und zu analysieren gilt:

  • Koalitionsvertrag als Fahrplan der Regierung: Der ausgehandelte Vertrag zwischen den Regierungspartnern schafft die Grundlage für die Gesetze, die in den kommenden vier Jahren die Bundesministerien, den Bundestag und oft auch den Bundesrat durchlaufen werden. Während Streitigkeiten zwischen den Parteien – wie die Debatte um die Grundrente – oder unvorhergesehene Ereignisse – wie 2020 der Wirecard-Skandal oder 2021 die Flut – die Umsetzung mancher Vereinbarungen aufhalten oder ganz vom Tisch kehren können, zeigt die Erfahrung, dass der Koalitionsvertrag weitestgehend umgesetzt wird. Diese Vereinbarungen werden im Laufe der Legislaturperiode konkretisiert und in Gesetze gegossen. Damit Organisationen wichtige Impulse in diesen Prozess einbringen können, ist eine Prüfung und Analyse des Koalitionsvertrags wichtige Basis für die Public-Affairs-Arbeit.
     
  • Regierungsbildung – Form follows function: Neben der neuen Kanzlerin oder dem neuen Kanzler werden auch die Posten der Bundesministerinnen und Bundesminister neu vergeben – welche Themen diese künftig betreuen werden hängt auch davon ab, welche Aufgaben die Ministerien laut Vereinbarung künftig übernehmen sollen. Schlüsselressorts wie das Finanz- oder Wirtschaftsministerium können zusätzliche Zuständigkeiten zugeschrieben werden oder Ministerien können auch neu entstehen. So möchte sich die FDP beispielsweise im Falle einer Regierungsbeteiligung für ein Digitalministerium einsetzen – in das Digitalisierungsabteilungen aus den anderen Ministerien abwandern könnten – und die Grünen wollen die Schaffung eines neuen Vetorechts für das Umweltministeriums bei Gesetzgebungsverfahren prüfen. Eine Kenntnis der Zuständigkeiten für die im Koalitionsvertrag festgelegten Gesetzgebungsziele ist wichtige Voraussetzung für zielgenaue Public-Affairs-Aktivitäten.
     
  • Personen prägen Politik: Auch im Bundestag mischen sich die Zuständigkeiten nach den Wahlen neu – von den parlamentarischen Staatssekretärinnen und -sekretären, die als Bindeglied zwischen Bundestag und Ministerien fungieren, bis hin zu Sprecherinnen und Sprechern, die in ihren Fraktionen Themen wie Bildung, Finanzen oder Umwelt fachlich betreuen. Diese Zuständigkeiten zu kennen, bedeutet, Entscheidungsprozesse besser nachvollziehen und durch die gezielte Ansprache einen echten Mehrwert schaffen zu können. Neben den einflussreichen Personalien der Fraktionsvorsitzenden und -vizen sind auch die sogenannten „Rising Stars“ wichtige Austauschpartner. Gutes Beispiel ist der Grünen-Politiker Danyal Bayaz, der 2017 erstmals in den Deutschen Bundestag zog. Nachdem der Start-up-Beauftragte als Mitglied im Wirecard Untersuchungsausschuss ab 2020 bereits größere Bekanntheit erlangt hatte, wurde er 2021 zum Finanzminister seines Wahlkreislandes Baden-Württemberg ernannt.

Wie die Bundestagswahlen ausgehen und die neue Bundesregierung aussehen wird, ist spannend wie lange nicht mehr. Für eine gute Public-Affairs-Strategie ist es wichtig, dass die Entwicklungen frühzeitig beobachtet und analysiert werden. Dazu gehört die Analyse des Koalitionsvertrags, die Identifikation der wichtigsten Akteure bis hin zu einem Outreach- und Kommunikationsplan. Denn das schafft die Grundlage für alle Public-Affairs-Aktivitäten – von Positionspapieren, über Gespräche bis hin zu Veranstaltungen, die in den nächsten Monaten und Jahren umgesetzt werden können.

 

Bildnachweis:
©Leon Seibert
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